Matricaria chamomilla

Kamille wirksam bei Leishmaniose?

Die Echte Kamille ist in der Pflanzenkunde bereits seit längerem als Heilpflanze vor allem bei Magen- und Darmbeschwerden sowie bei Entzündungen bekannt. Aus den Blüten kann durch Wasserdampfdestilliation ein ätherisches Öl gewonnen werden, das aufgrund des darin enthaltenen Chamazulen (abgeleitet von Chamonilla + Azul) eine blaue Farbe bekommt.
Dieses Blaue Kamillenöl besteht neben weiteren Pflanzenstoffen je nach Sorte und Anbaugebiet zu 5–70 % aus (–)-α-Bisabolol (synonym: Levomenol), einem monocyclischen Sesquiterpen-Alkohol.

Chamonilla recutita

Verwirrend erscheint, dass der wissenschaftliche Name der Echten Kamille in der Literatur leider häufig verschieden angegeben ist. So findet man neben Matricaria chamomilla L. auch Matricaria recutita L.  und Chamomilla recutita (L.), wobei es sich dabei zwar um verschiedene aber leider durchaus gebräuchliche Namen der gleichen Pflanze handelt. Im Weiteren werde ich den Namen Chamonilla recutita verwenden, als wissenschaftliche Bezeichnung der Echten Kamille.

In letzter Zeit bin ich mehrfach auf den Einsatz von Chamonilla recutita Extrakt bei Leishmaniose angesprochen worden, da dies in Foren und Gruppen die Runde macht. Daher will ich heute hier die bis jetzt bekannten wissenschaftlichen Fakten erklären und eigene Beobachtungen schildern.

Studienlage von (-)-alpha-Bisabolol bei Leishmania infantum

Da die bekannten leishmanistatitischen wie leishmaniziden Medikamente in der Behandlung der Leishmaniose bei Hunden zwar wirksam sind, aber eben auch Nebenwirkungen zeigen, wird immer mehr nach Alternativen gesucht, und damit auch im Bereich der Phytotherapie geforscht. Und hierbei scheint (–)-α-Bisabolol (im weiteren Bisabolol genannt) gewonnen aus Chamonilla recutita lt. Studienlage auf den ersten Blick eine positive Eigenschaften im Kampf gegen die canine viszerale Leishmaniose zu haben.

Bereits 2009 wurde eine Studie veröffentlicht ⌈1⌋, bei der die Wirkung von Bisabolol in vitro (im Reagenzglas) an Promastigoten (begeißelte Form von Leishmania) getestet wurde. Damals wurde Pentamidin als Kontrollmittel eingesetzt, und festgestellt, dass bei der höchst getesteten Konzentrationen (von 1000 und 500 mg/ml) Bisabolol die gleiche 100% Hemmung der Promastigoten von Leishmania infantum bewirkte wie Pentamidin.

2015 wurde dann eine Studie veröffentlicht ⌈2⌋, bei dem nun in vivo der Wirkstoff an Mäusen getestet wurde. Hier war Meglumin als Kontrollmittel eingesetzt. Dabei erwies sich Bisabolol als harmlos für Säugetierzellen und aktiv gegen intrazelluläre Amastigoten von L. infantum. Hierbei war es genauso wirksam bei der Verringerung der Parasitenbelastung in der Leber und wirksamer bei der Verminderung in der Milz wie Meglumin. Doch Mäuse sind keine Hunde!

Daraufhin folgte 2018 eine Studie an 12 Hunden mit natürlich erworbener Leishmaniose ⌈3⌋, die in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Während die eine Gruppe mit Megluminantimonat subkutan behandelt wurde, wurde der anderen Gruppe Bisabolol (30 mg/kg) auf oralem Weg für zwei Behandlungsreihen von je 30 Tagen, getrennt durch ein 30-Tage-Intervall ohne Medikamente behandelt. Quantitative PCR-Tests aus Knochenmark, Lymphknoten und Blut, und die Bestimmung der Antikörper-Titer bei einer 4-monatigen Nachbeobachtungszeit ergab, dass die Behandlung mit Bisabolol wirksamer war bei der Verringerung der Parasitenbelastung und der Erhöhung des Gamma-Interferon-Expressionsniveaus, als Megluminantimonat. Mit Bisabolol behandelte Hunde zeigten kein Toxizitätszeichen. Bisabolol schien eine Th1-Immunantwort zu induzieren, die zu einer parasitologischen und klinischen Verbesserung führte, ohne dass ein Sicherheitsproblem auftrat.

Kamille gegen Leishmaniose bei Hunden

Bei der Studie aus 2018 handelt es sich natürlich nur um eine Pilotstudie. Die Ergebnisse mögen vielversprechend klingen, doch größer angelegte Studien müssen folgen, um diese Ergebnisse zu validieren. Eine randomisierte Studie an nur 12 Hunden ist eben nicht ausreichend.

(–)-α-Bisabolol findet sich daher auch nicht in der Liste der Anti-Leishmania-Medikamente der aktuellen Konsensrichtlinien für die Behandlung von Hunden.

Daher empfehle ich bis dahin, Bisabolol nicht als Ersatz von gegen Leishmaniose nachgewiesen wirksamen Medikamenten einzusetzen! Eine aktive klinische Leishmaniose-Erkrankung kann tödlich verlaufen und muss entsprechend konsequent rechtzeitig behandelt werden.

Wer es dennoch versuchen möchte, wird wahrscheinlich schon an der Dosierung scheitern. Denn im Handel bekommt man (-)-α-Bisabolol, soweit meine Recherchen ergeben haben, nur in flüssiger Form für eine topische und nicht für die orale Anwendung. Diese sind jedoch gemischt mit diversen Zusatzstoffen, die schon allein zumeist gegen eine orale Verabreichung sprechen. So findet sich häufig auch die Zutat Butyric acid (Buttersäure), welche zu Schleimhautreizungen und in höheren Dosierungen sogar zu Verätzungen führen kann. Der darin wirklich enthaltenen Anteil von Bisabolol muss beim Hersteller auch erst erfragt werden (mg in 1 ml) und ist z.T. den Herstellern scheinbar selbst nicht bekannt. 

Daher muss man wohl abwarten, ob es Bisabolol irgendwann in einem oralen Medikament zur Anwendung geben wird. Bisherige versuchsweise Abwendungen in der Praxis bei Hunden verschiedener Stadien haben soweit ich beobachten konnte, keine Wirkung gezeigt, und konnten somit die Ergebnisse aus der genannten Studie nicht bestätigen.

Natürlich kann man aber eine Bisabolol-Salbe bei entzündlichen und juckenden Hautstellen versuchen.


Quellen:
⌈1⌋ Morales Yuste, Manuel & Morillas-Márquez, Francisco & Martin-Sanchez, Joaquina & Valero-López, A & Navarro-Moll, M.C.. (2009). Activity of (-)α-bisabolol against Leishmania infantum promastigotes. Phytomedicine : international journal of phytotherapy and phytopharmacology. 17. 279-81. 10.1016/j.phymed.2009.05.019.
⌈2⌋ López V, Morillas-Márquez F, Navarro-Moll MC, Merino-Espinosa G, Díaz-Sáez V, Martín-Sánchez J. (-)-α-Bisabolol, a Promising Oral Compound for the Treatment of Visceral Leishmaniasis. J Nat Prod. 2015;78(6):1202-1207. doi:10.1021/np5008697
⌈3⌋ López V, Merino-Espinosa G, Acedo-Sánchez C, et al. Effectiveness of the sesquiterpene (-)-α-bisabolol in dogs with naturally acquired canine leishmaniosis: an exploratory clinical trial. Vet Res Commun. 2018;42(2):121-130. doi:10.1007/s11259-018-9714-4

Bildnachweis: Jean-Luc Gorremans / CC BY-SA 2.0 FR (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/fr/deed.en)

 

24 Kommentare

  1. Liebe Angelika,
    vielen Dank für diese Seite, ich bin ganz frisch mit dem Thema konfrontiert worden und wühle mich gerade durch jegliche sinnvolle Information.
    Leider habe ich keinen Tierarzt der wirklich tief in dem Thema Mittelmeerkrankheiten steckt und mir eine Antwort auf die Fragen geben konnte:.
    Wann macht es Sinn dem Hund Kamille zu geben, oder auch Beifuss?
    Unser Hund hat recht hohe Antikörpertiter (Leishmaniose und Ehrlichiose) aber es scheint das ihr Immunsystem die Krankheiten wirklich gut im Griff hat (keine äusserlichen Zeichen), Blutbild usw alles fein soweit. (Wir haben rein prophylaktisch eine Länderprofil erstellen lassen)
    Momentan bekommt sie Leisguard in der Hoffnung das Immunsystem in die richtige Richtung „anzuschupsen“.
    Macht es Sinn sie danach mit einem der beiden Mittel weiter zu unterstützen? Oder macht es Sinn das nächste Blutbild abzuwarten?
    Ich bin für jeden Tip sehr dankbar!
    LG Kathrin

    1. Hallo Kathrin, das lässt sich pauschal so nicht beantworten, schon gar nicht bei 2 verschiedenen Infektionen. Die gesamte Behandlung ist halt nicht nur vom Antikörper-Titer, sondern auch von Symptomen, der Elektrophorese und den anderen Blutwerten abhängig. Mit Kamille (-alpha-Bisabolol ist nur eine Pilotstudie gewesen) konnten wir bis jetzt keine Erfolge feiern. Die anderen Mittel wie Artemisia oder Impromune scheinen eher helfend zu wirken. LG Angelika

  2. Hallo Angelika ,
    ich habe heute das Alpha Bisabolol von Sanandis bekommen . Unsere Maya bekommt 2x tägl. 1 Tablette Allopurinol 300 mg .
    Ich weis jetzt nicht was ich machen soll , da Maya auf der Waage beim Tierarzt knapp 32 kg wog und auf der Waage in unserem Barfshop 34 kg .
    wieviel müsste sie von dem Bisabolol bekommen ?
    lg Elke Vitale

    1. Waagen können eben doch, wenn sie nicht öfter geeicht werden, voneinander abweichen. Ich würde alle Berechnung auf 33 kg ausrichten.

      1. Danke dir Angelila 😘, das hatte ich auch schon überlegt so zumachen. Dann rechne das Alpha Bisabolol mir für 33 kg aus.
        LG Elke

  3. Hallo Angelika
    Vielen Dank für die vielen Informationen. Ich habe eine Frage. In der spanischen Studie zu alpha-Bisabolol, wurden 30mg pro kg Körpergewicht oral verabreicht. Was bedeutet das in Bezug auf das Produkt von Salandis mit 85% Bisabolol? Mein Domenico wiegt 40kg.

    Vielen Dank im Voraus.

    Beste Grüsse
    Dominik Thomas

  4. Hallo Angelika,

    ich habe das flüssige alpha-Bisabolol der Fa. Salandis gekauft und habe meiner Chili 1xtäglich 0,18 ml für ihre 4,7 kg Körpergewicht zum Futter gegeben – sie hat es ohne Probleme aufgenommen und offensichtlich auch gut vertragen. 30 Tage verabreicht und mittlerweile sind wir in der 30-tägigen Pause. Wie oft kann oder soll dieser Intervall durchgeführt werden?
    Im Voraus besten Dank für deine Informationen und Antworten und nochmals vielen Dank für deine tolle Seite – wir lieben sie!
    Liebe Grüße
    Michaela + Chili

    1. Eigentlich sind es zwei 30-Tage Zyklen. Leider konnten wir in der praktischen Anwendung allerdings bis jetzt keinen Nutzen feststellen. LG Angelika

  5. Hallo Angelika
    ich habe ein Produkt gekauft wo drauf steht 84% Artemisia annua.
    Dort steht:
    Artemisiapulver aus Schweizer Bio Anbau. Ergänzungsfuttermittel für Tiere. 72 Kapseln mit je 600 mg getrocknetem Blattpulver. Es werden nur die Blattspitzen der Artemisia-Pflanze aus biologischem Anbau verwendet. Füttererungsempfehlung für 30 Kg Hund: 3x Kapsel.

    Ich habe beim Händler nachgefragt ob der Wirkstoff konzentriert wäre was er verneinte.
    Wie ist nun die Menge für einen 30 Kg Hund?

    1. Es gibt ja verschiedene Dosierungen für verschiedene Anwendungsgebiete, erst Recht von den Herstellern selbst. Bei der caninen Leishmaniose gibt es bis jetzt kaum verlässliche Studien an Hunden. Bis jetzt liegen eben nur die Fallberichte von der Dra. Tejada vor. Und das wird bestimmt auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
      Bei dem von Dir genannten Produkt befinden sich also in einer 600 mg Kapsel und 84% Ursubstanz = 504 mg Artemisia. Wenn man also die Dosierung von Tejada befolgen will, dann wären es bei 30 kg täglich 3.000mg = 3g zweimal täglich über 9/7 Tage. Wären hier also eigentlich 6 Kapseln zweimal täglich. Vielleicht fragst Du einmal beim Hersteller, wogegen bzw. wofür die empfohlene Tagesdosis ist, bzw. stammt.

      1. Liebe Angelika
        vielen Dank für deine Hilfe. Leider konnte der Hersteller keine Angaben machen wofür die empfohlene stammt….

        liebe Grüsse aus der Schweiz
        Nicol und Lara

  6. Hallo,
    ich habe diese Seite gerade entdeckt. Zur Zeit bekommt meine Galga Allopurinol und Leishguard.
    Ist eine gleichzeitige Gabe von Bisabolol sinnvoll oder sollen wir das Ende der Leishguard-Gabe abwarten?
    Vielen Dank für Ihre tolle Arbeit, Forschung und Unterstützung.

    1. Hallo Stefanie,
      ich sehe keine Probleme, beides gleichzeitig zu geben. Dennoch würde ich vielleicht eines nach dem anderen geben.
      LG Angelika

  7. Liebe Angelika,

    wie sollte man das Bisabolol verabreichen? Gibt es hier was zu beachten wie bei dem Artemisis und dem zeitlichen Abstand zu dem Futter?

    Vielen Dank und liebe Grüße,
    Julia

    1. Huch, ich hatte die Seite nicht neu geladen und habe gesehen, dass genau die Frage schon gestellt wurde. Also meinen Kommentar einfach vergessen ;-)!

  8. Liebe Angelika,
    ich kann mich nur dem Kommentar von Nicol anschließen – ich danke Dir von ganzem Herzen für deine tolle Internetseite, die ich wöchentlich aufsuche und nun auch wieder dankbar bin für diesen Bericht.
    SUPER!
    Die entsprechende Dosierung 1 x täglich? Direkt oral verabreichen oder kann es unters Futter gemischt werden oder muß auch hier ein zeitlicher Abstand zur Fütterung sein, wie bei Artemisia?
    GLG Michaela mit Chili

    1. Danke! Ja, einmal täglich. Es kann mit dem Futter gegeben werden, kein zeitlicher Abstand nötig. Aber gucken ob Hund den Geschmack akzeptiert. Sonst vielleicht mit etwas mischen, was den überdeckt. LG Angelika

  9. Gibt es eine empfehlenswerte Salbe für die Pfoten? Cajos hat wieder tiefe Wunden – und es hilft alles nichts…

    1. Habe bis jetzt keine gefunden, vielleicht einmal googlen. Eigentlich gedacht für entzündliche Stellen. Offene Hautwunden müssen eher antibakteriell abgedeckt werden.

    2. Hallo,
      bei entzündeten Pfoten hilft die Binengift Salbe (Api-Regent) sehr gut. Wir haben zuerst 7 Monate lang mit mehreren Ärzten unzählige Mittel versucht, die alle keine Hilfe und sogar den Zustand nur verschlechtert haben. Zusätzlich gaben wir die entzündungshemende Aminosäure L-Arginin (wir auch bei Pferden Hufrehe angewendet). Die letzte ärztliche Diagnose über angebliche Autoimmun Erkrankung war offensichtlich falsch, da die Pfoten nun geheilt sind (die verschriebenen Immunblocker aber nie eingenommen wurden). Die Binnengift Salbe benutzen wir noch profilaktisch 1-2 mal wöchentlich. Auch Curkuma uns Weihrauch Kapseln geben wir täglich ins Futter: wirken u.a. entzündungshemend (allerdings erst nach längerer Zeit wirkungsvoll). Man braucht aber bei der Pfotenbehandlung ca. 3-4 Wochen Geduld!!!

  10. liebe Angelika
    vielen herzlichen Dank für Deinen Recherchen und unermüdlichen Einsatz gegen die Leishmaniose. Interessanter Artikel.

    LG Nicol und Lara

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